Jan Goevert, Vorsitzender der ECOT-Arbeitsgruppe im EAC, zeigte sich am meisten beeindruckt von Hamburgs langjährigem Baumschutz auf Baustellen. Der Erhalt und Schutz von Baumstandorten an Baustellen wurden erst jüngst in einem neuen FLL Fachbericht BaumBB vorgestellt. Das Baummanagement der Stadt Hamburg leistet diesbezüglich bereits seit Jahren Pionierarbeit und entwickelte ein Verfahren, mit dessen Hilfe Eingriffe in den Wurzelraum von Bäumen systematisch erfasst und protokolliert werden. „Hier reiht sich Hamburg uneingeschränkt in die Riege der jüngsten ECOT-Preisträger seit immerhin 2007 ein“, so Goevert. „Hamburgs allumspannendes Engagement für seine Bäume kann auch anderen europäischen Städten als nachahmenswertes Beispiel dienen.“
Katharina Fegebank, Zweite Bürgermeisterin und Senatorin für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft der Freien und Hansestadt Hamburg: „Die Auszeichnung als „Europäische Stadt der Bäume“ ist eine große Anerkennung, über die ich mich sehr freue! Hamburgs Bäume sind ein wesentlicher Bestandteil der grünen Infrastruktur und ein wichtiger Faktor für unser Stadtklima. Sie spenden Schatten, kühlen durch Verdunstung ihre Umgebung, reinigen unsere Luft und puffern mit ihrem Kronendach starke Regenfälle ab – gerade in Zeiten klimatischer Veränderungen brauchen wir sie mehr denn je. Hamburg ist eine grüne Stadt und soll es auch bleiben! Mit unserem Stadtbaummanagement kümmern wir uns in der Umweltbehörde im Schulterschluss mit den Bezirken um diese große Aufgabe. Ich danke den Mitgliedern des Europäischen Baumpflegerats für diese Ehrung und bedanke mich bei allen Kolleginnen und Kollegen in Hamburg, die zu diesem Erfolg beigetragen haben. Die Auszeichnung ist eine große Wertschätzung für die bisherige Arbeit und zugleich ein Ansporn: Jetzt gilt es, nicht nachzulassen, sondern den erreichten Status Quo zu sichern und weiter auszubauen.“
Wettbewerb in Deutschland
Der Wettbewerb um die Auszeichnung in Deutschland wurde im vergangenen Jahr durch die ständige Gartenamtsleiterkonferenz (GALK) ausgerufen. Insgesamt haben sich acht Städte um den Preis beworben (Augsburg, Bonn, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hannover, Hamburg, Leipzig und Mannheim). Die Städte Bonn, Hamburg und Leipzig waren schließlich unter den Top-3. Ein eigens dafür eingerichteter Arbeitskreis, bestehend aus Baumexperten aus den Niederlanden, England, der Slowakei, Spanien und Deutschland, sichten und stellen die Präsentationen der Fachwelt vor. An der abschließenden Abstimmung beteiligten sich der Vorstand im EAC sowie die Deutschen Baumpflegeverbände, vertreten durch die Interessengemeinschaft Deutscher Baumpflege (IDB).
Begründung für die Auszeichnung Hamburgs: Tradition, Innovation und Engagement für eine grüne Zukunft
In den sieben Bezirken der Freien und Hansestadt Hamburg nehmen die mehr als 3.200 ha Parks und Grünanlagen mit wertvollen Altbaumbeständen sowie die rund 230.000 Straßenbäume eine besondere Rolle für die Wohlfahrtswirkung und Klimaanpassung im urbanen Raum ein. Über 30.000 Straßenbäume haben ihr achtzigstes Lebensjahr vollendet und zählen somit zu den besonders wertvollen Altbäumen. Die Hälfte davon ist sogar über 100 Jahre alt – ein außergewöhnlicher Wert für eine wachsende Metropole! Hamburg nimmt seit Langem eine Vorreiterrolle im städtischen Baummanagement ein: So stammt beispielsweise die erste deutsche Baumschutzverordnung aus dem Jahr 1948 aus Hamburg.
Die Entscheidung, Hamburg als Europäische Stadt der Bäume auszuzeichnen, fiel aufgrund der Vielfalt der (auch innovativen) Maßnahmen der Stadt:
Digitales Baumkataster als Steuerungsinstrument
Seit 1998 nutzt Hamburg ein digitales Baumkataster, das gemeinsam mit den Bezirksämtern entwickelt wurde. Es ermöglicht eine effiziente Erfassung und Pflege des Baumbestands sowie die gezielte Umsetzung von Maßnahmen. Seit 2016 steht das Kataster auch als Online-Anwendung den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung.
Langfristige Strategien gegen Baumkrankheiten
Um Baumerkrankungen wirksam zu begegnen, setzt Hamburg seit über 20 Jahren auf Monitoring Programme, um Krankheiten besser zu verstehen, Bäume möglichst lange zu erhalten und den jeweiligen Arten eine nachhaltige Zukunft zu sichern.
Klimawandel: Forschung und Anpassung
Das Projekt „Stadtbäume im Klimawandel“ hat ein integriertes Konzept zur Anpassung des Hamburger Baumbestands an den Klimawandel entwickelt. Die Anfälligkeit der Bäume gegenüber klimatischen Veränderungen wird langfristig beobachtet und dokumentiert – Monitoring Standorte bestehen bereits seit 2015. In einem Folgeprojekt wurden bodenhydrologische und pflanzenphysiologische Untersuchungen an 135 Bäumen (neun Arten und Sorten, drei Substrate) in der Baumschule Lorenz von Ehren. 2023 wurden diese Bäume von der Stadt übernommen und an geeigneten Standorten gepflanzt. Die wissenschaftliche Begleitung läuft weiter.
Vorbildlicher Schutz bei Baumaßnahmen
Hamburg setzt Maßstäbe beim Schutz seiner Bäume: Bereits in der Planungsphase werden Baumexpert:innen eingebunden, um Eingriffe zu minimieren. Notwendige Auflagen, digitale Dokumentation und baumschonende Techniken wie Handarbeit oder Saugbagger Einsatz sichern den Erhalt der Bäume – auch während umfangreicher Bauprojekte.
Vielfalt macht uns stärker
Hamburg beteiligt sich am bundesweiten Straßenbaumtest und pflanzt gezielt verschiedene Baumarten, um die Widerstandsfähigkeit der Stadt im Klimawandel zu stärken. Seit 2005 werden neue Arten auf ihre Stadtklima-Tauglichkeit geprüft und regelmäßig ergänzt.
Schutz der Alt- und Bestandsbäume:
Unsere Altbäume werden besonders intensiv kontrolliert und gepflegt, um ihre Sicherheit und ihren Erhalt zu gewährleisten. Etwa 3.000 Straßenbäume werden halbjährlich überprüft, besonders risikobehaftete Bäume zusätzlich gutachterlich begutachtet um sie möglichst lange zu erhalten. Standortverbesserungen tragen zur Vitalisierung alter Bäume bei.
Innovation mit bundesweiter Strahlkraft
Das Stadtbaummanagement in Hamburg entwickelt seit den 1980er Jahren praxisnahe Lösungen für eine grüne und lebenswerte Stadt. Viele der hier eingeführten Neuerungen haben bundesweit Vorbildcharakter und wurden erfolgreich von anderen Städten übernommen – zum Beispiel die Hamburger Schnittmethode in der Baumpflege.
Erfolgreiche Zusammenarbeit für Hamburgs Bäume
Das Hamburger Baummanagement wird von der Umweltbehörde koordiniert und arbeitet eng mit Bezirksämtern, Fachinstitutionen und vielen weiteren Akteuren aus der Wissenschaft und Praxis zusammen. Diese Partnerschaft sichert nachhaltig Hamburgs Bäume – unser grünes Erbe – und macht Hamburg zum Vorbild im urbanen Baumschutz.
Bürgerbeteiligung:
Die Pflanzkampagne „Mein Baum – Meine Stadt“ ermöglicht Hamburger:innen seit 2011, sich durch Spenden an der Pflanzung von Straßenbäumen zu beteiligen. Die Aktion wird jährlich mit der Loki Schmidt Stiftung fortgesetzt und stärkt die Verbundenheit der Bürger:innen mit dem Stadtgrün.
Die hohe Fachkompetenz in der Stadt, langjährige Erfahrung und hohe Motivation aller Beteiligten sorgen dafür, dass auch komplexe Herausforderungen mit hanseatischer Gelassenheit gemeistert werden.
Der Preis „Europäische Stadt der Bäume“/European City of the Trees (ECOT)
Das EAC vergibt seit 2007 den ECOT-Award. Preisträger waren unter anderem bereits Valencia, Malmö, Prag, Amsterdam, Tallin, Wien und Antwerpen. Eine international besetzte Jury mit Vertreterinnen und Vertretern aus den Mitgliedsländern des EAC bewertet und besichtigt die Vorschläge, die aus dem jeweiligen Gastland der jährlichen Mitgliederversammlung des EAC kommen. Nach Frankfurt am Main (2014) ist Hamburg die zweite „Baumstadt“ in Deutschland. Aktuelle Preisträgerin ist die kroatische Barockstadt Varaždin.